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Eye of the Tiger

Der letzte Verpflegungspunkt naht. Diesen lasse ich jetzt ganz bewusst ganz langsam angehen. Von meinem Tool im Ohr weiss ich, dass ich nach wie vor im Bereich dessen laufe, was völlig in Ordnung geht. Also gönne ich mir ein langsames Vorbeigehen, das Abgreifen von zwei Wasserbechern. Und ich nehme noch ein Stückchen Banane und einen Keks. Ich esse langsam, trinke langsam. Ich will jetzt nichts überstürzen. Ich weiss: Jetzt kommts gleich nochmal richtig. Während ich langsam wieder Tempo aufnehmen, den zweiten Becher über meinem Kopf leere, nähere ich mich „meiner Trainingsstrecke“, dem Lankower See. Ich kenne die Strecke gut, auch die Gemeinheiten, die jetzt noch auf mich und die vielen anderen vor und hinter mir warten. In meinen Ohren klingt plötzlich „Eye of the Tiger“. Ich wundere mich, habe ich den Titel doch bestimmt nicht auf die Playlist gebracht. Wenig später klärt es sich auf: Garmin drückt mir die Daumen und untermalt das mit dem Song. Das gibt nochmal Kraft, denn ich stehe ganz unten an einem Berg, der früher mal für Motocross-Rennen genutzt wurde. Ganz ganz oben, da ist der Pickel, so heisst er hier. Da muss ich hoch. Vor und hinter mir wird gegangen. Ich fühle mich gut genug, zwei Drittel des Anstiegs zu laufen. Dann gehe auch ich. Meine Motivation, so kurz vor dem Ziel durch ungezügelte Aktionen Mist zu bauen, ist gleich null.

Das Ziel naht, ich rieche schon die Ziellinie. Wieder ein, wenngleich diesmal auch wesentlich zahmerer Anstieg. Die Zuschauer am Wegesrand werden mehr. Sie jubeln laut, klatschen. Der entscheidende Schub für die letzten 200 Meter. Ein Mitläufer und ich laufen nebeneinander. Am Wegrand steht wieder die Blondine mit ihrem Schild: „Ihr seht super aus“. Ja, sehen wir. Wir grinsen uns an. Die letzten Meter liefern wir uns noch einen kleinen Sprint – zur Freude des Publikums. Um letztlich zeitgleich die Linie zu passieren. Ich bin glücklich, ich habs tatsächlich geschafft. Bei dem Wetter. Und ich fühle mich gut.

Der erste Weg führt zum etwas überdimensionierten Getränkestand für die Finisher. Ich schnappe mir den ersten Becher, den ich zu meinem eigenen Erstaunen in einem Zug leere. Es folgen 7 weitere, bevor ich eine Pause mache. Mittlerweile hat meine Familie mich gefunden, wir freuen uns miteinander. Ich leere noch zwei weitere Becher und nehme mir noch zwei für „den Weg“ mit. Dieser führt mich zu den Freiluftduschen. Eisekalt – aber genial. Raus aus den nassen Klamotten. Dann ein Eis. Drei Kugeln.

Die erste feste Nahrung lasse ich noch ein bisschen zappeln. Das wird erst später am Nachmittag was. Jetzt erstmal raus aus der Hitze. Das Thermometer im Auto zeigt 35 Grad, als ich später einsteige…

Danke

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen, die mich im Vorfeld und an der Strecke unterstützt haben, ganz herzlich bedanken. Insbesondere geht der Dank an all jene, die die Mailbox genutzt haben. Das hat auf der Strecke richtig geholfen, war eine echte Unterstützung und Bereicherung. Ich werde in den nächsten Tagen die Anrufe alle noch einmal in Ruhe hören. Dann kann ich die Stimmen auch Personen und Namen zuordnen – das ist mir während des Laufs nicht immer oder sofort gelungen. Also nochmal: Euch ganz vielen Dank. Wenn ich euer OK bekomme, würde ich die Einspieler gerne noch hier mit ablegen.
Und nein, Basti, ich muss jetzt nicht das Fahrrad vom sandmann putzen 😉